Witwen- oder Witwerrente
Der Tod des Partners ist nicht nur ein Schock, er bedeutet in der Regel auch finanzielle Einschnitte. War das Paar verheiratet oder bestand eine eingetragene Lebenspartnerschaft, dann hat der Hinterbliebene Anspruch auf einen Teil der gesetzlichen Rente des anderen: die Witwen- oder Witwerrente (§ 46 SGB VI). Dazu muss der verstorbene Ehepartner bereits eine Rente bezogen oder mindestens fünf Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben (§ 50 SGB VI).
Was passiert nach einem Todesfall mit der Rente des Verstorbenen?
In den ersten drei Monaten nach dem Tod erhältst Du als der überlebende Partner die bisher an den Verstorbenen gezahlte monatliche Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in voller Höhe weiter ausgezahlt. Das gilt auch, wenn dessen Einkommen in diesem sogenannten Sterbevierteljahr einen bestimmten Freibetrag überschreitet. Dieser liegt seit dem 1. Juli 2019 in den alten Bundesländern bei 872,52 Euro und in den neuen Bundesländern bei 841,90 Euro.
Die Rentenversicherung zahlt nicht automatisch, sondern erst, nachdem Du einen Antrag auf Witwen- oder Witwerrente gestellt hast. Auf der Website der Rentenversicherung findest Du den 16-seitigen Antrag auf Hinterbliebenenrente.
Wer unterstützt beim Antrag auf Witwenrente?
Der Rentenantrag ist kompliziert und umfangreich. Lass Dir dabei helfen. Du kannst dich dazu an die Beratungsstellen der Rentenversicherung an Deinem Wohnort wenden. Auch ehrenamtlich tätige Versichertenberater und Versichertenälteste helfen beim Ausfüllen des Antrags. Versichertenälteste sind verrentete Mitarbeiter der Deutschen Rentenversicherung.
Die Kontaktdaten kannst Du online auf der Website finden oder telefonisch erfragen. Die kostenlose Service-Nummer lautet: 0800/1000 4800. Etwas Zeit für die Warteschleife musst Du allerdings einplanen.
Hinterbliebene können einen Vorschuss beantragen
Innerhalb von 30 Tagen nach dem Tod Deines Ehepartners kannst Du beim Rentenservice der Deutschen Post einen Vorschuss auf die Witwen- oder Witwerrente beantragen, falls Dein Partner bereits eine Rente bezogen hat und Du dringend auf die Zahlungen angewiesen bist. Als Vorschuss werden drei Monatsrenten des Verstorbenen gezahlt. Dazu kannst Du in eine Filiale der Deutschen Post gehen und dort eine sogenannte Änderungsanzeige ausfüllen. Als Dokumente musst Du die Sterbeurkunde einreichen. Formulare gibt es im Internet. Weitere Informationen zum Vorschuss findest Du im Merkblatt der Deutschen Rentenversicherung.
Wer bekommt die große Witwenrente?
Voraussetzung für einen Anspruch auf die große Witwen- oder Witwerrente ist, dass Du nach dem Tod Deines Partners nicht wieder geheiratet hast und der Partner mindestens fünf Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt hat. Zusätzlich muss mindestens eine der vier folgenden Bedingungen erfüllt sein (§ 46 Abs. 2 SGB VI):
- Du hast die erforderliche Altersgrenze erreicht: Stirbt Dein Ehepartner im Jahr 2019, musst Du mindestens 45 Jahre und 8 Monate alt sein (diese Altersgrenze wird jährlich um einen Monat angehoben).
- Du erziehst ein minderjähriges Kind oder
- Du kümmerst dich um ein behindertes Kind oder
- Du bist erwerbsgemindert weil Du wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit nicht unter den üblichen Bedingungen täglich arbeiten kannst.
Der jährliche Anstieg der Altersgrenze
Seit 2012 wird die Altersgrenze für Witwen- und Witwerrente jährlich um einen Monat vom 45. Lebensjahr an angehoben. Für Todesfälle ab dem Jahr 2029 gilt nur noch die Altersgrenze von 47 Jahren für die große Witwen- bzw. Witwerrente (§ 242a SGB VI). Die große Rente ist zeitlich nicht befristet, der Hinterbliebene bekommt sie bis an sein Lebensende.
Wenn Du seit 2002 verheiratet oder als Lebenspartner eingetragen warst, bekommst Du nach neuem Recht 55 Prozent der Rente, die die Rentenversicherung Deinem verstorbenen Partner zum Todeszeitpunkt gezahlt hat oder hätte. Renten nach neuem Recht können sich um einen Kinderzuschlag erhöhen. Ist Dein Ehepartner vor dem 65. Lebensjahr gestorben, wird der Rentenanspruch um einen Abschlag gemindert.
Hast Du allerdings vor dem 1. Januar 2002 geheiratet und wurden Du oder Dein verstorbener Ehepartner vor dem 2. Januar 1962 geboren, steht Dir nach altem Recht 60 Prozent der Rente des Verstorbenen zu. Es gibt keinen Zuschlag, weil Du Kinder groß gezogen hast
Wer bekommt die kleine Witwenrente?
Erfüllst Du die Voraussetzungen für die große Hinterbliebenenrente nicht, kommt die kleine Rentenvariante in Betracht, etwa wenn Du zum Todeszeitpunkt Deines Partners im Jahr 2019 jünger als 45 Jahre und 8 Monate bist. Auch bei dieser Rente verschieben sich die Altersgrenzen jährlich um einen Monat.
Die Rentenversicherung zahlt nach neuem Recht die kleine Witwenrente zeitlich befristet, in der Regel nur in den ersten zwei Jahren nach dem Tod des Partners.
Hast Du vor 2002 geheiratet und ist Dein Ehepartner vor dem 2. Januar 1962 geboren worden, gilt für Dich das alte Recht. Du hast damit bis zu Deinem Lebensende Anspruch auf die kleine Witwenrente.
Wie hoch ist die kleine Witwen- oder Witwerente?
Nach Ablauf des Sterbevierteljahres beträgt die kleine Witwen- oder Witwerrente 25 Prozent der Rente des verstorbenen Versicherten (§ 67 Nr. 5 SGB VI). Auch bei der kleinen Variante gibt es einen Kinderzuschlag.
Hast Du die kleine Hinterbliebenenrente bekommen, weil Du noch nicht alt genug warst, musst Du später keinen neuen Antrag stellen, wenn Du die Voraussetzungen für die große Witwen- oder Witwerrente erfüllst. Du hast anschließend – von Amts wegen – Anspruch auf eine große Witwen- oder Witwerrente (§ 115 Abs. 3 S. 2 SGB VI).
Wer bekommt einen Kinderzuschlag?
Falls Du ein Kind bis zum dritten Lebensjahr erzogen hast, erhältst Du einen Zuschlag zur Witwen- oder Witwerrente. Erst nach dem Sterbevierteljahr, in dem Du die Rente Deines verstorbenen Partners weitergezahlt bekommst, wird der Zuschlag gezahlt.
Diese Zuschläge gibt es allerdings nur auf Renten nach neuem Recht, also nur, wenn Du seit dem Jahr 2002 oder später verheiratet warst.
Darf die Rentenversicherung die Hinterbliebenenrente mindern?
Die Rentenversicherung zahlt eine abschlagsfreie Hinterbliebenenrente, falls Dein Ehepartner 64 Jahre und 2 Monate geworden ist.Das gilt für das Jahr 2019. Das Alter für eine abschlagsfreie Hinterbliebenenrente wird schrittweise bis zum 65. Lebensjahr im Jahr 2023 angehoben.
Der Abschlag beträgt 0,3 Prozent für jeden Monat, den die Rente vor dem im Gesetz genannten abschlagsfreien Rentenalter beginnt. Sie wird jedoch maximal um 10,8 Prozent gekürzt (§ 77 Abs. 2 Nr. 4 SGB VI).
Wie wird das Einkommen angerechnet?
Die Rentenversicherung rechnet Dein eigenes Einkommen, also auch Deine eigene Rente, auf die Witwen- oder Witwerrente an. Es gibt allerdings Freibeträge. Die Berechnung ist nicht ganz einfach. Es kann sein, dass Deine Hinterbliebenenrente gekürzt wird oder Du bei höherem eigenen Einkommen gar nichts erhältst.
Ermittlung des Nettoeinkommens – Zunächst ermittelt die Rentenversicherung das Nettoeinkommen. Bei bestimmten Einkommensarten wendet sie dazu ein pauschaliertes Verfahren an. Vom Brutto-Arbeitseinkommen zieht sie pauschal knapp 40 Prozent ab. Bekommt ein Hinterbliebener eine eigene Rente, werden davon pauschal 14 Prozent abgezogen.
Freibeträge – Vom Nettoeinkommen wird der Freibetrag abgezogen. Der ist mit dem aktuellen Rentenwert verknüpft und erhöht sich immer dann, wenn sich die Renten erhöhen. Er liegt in den alten Bundesländern derzeit bei 903 Euro und in den neuen Bundesländern bei 877 Euro. Wenn Du Kinder hast, steigt der Freibetrag für jedes Kind, das grundsätzlich einen Anspruch auf Waisenrente hat, um 191 Euro in den alten Bundesländern. 186 Euro sind es in den neuen Bundesländern (Stand: Juli 2020).
Kürzung der Rente – Von der verbliebenen Summe werden nun 40 Prozent auf die Witwenrente angerechnet. Anders ausgedrückt: Die 40 Prozent werden von der Rente abgezogen.
Gibt es Witwenrente nach kurzer Ehe?
Die Ehe oder eingetragene Partnerschaft muss mindestens ein Jahr bestanden haben (§ 46 Abs. 2a SGB VI). Diese Regel soll verhindern, dass ein Paar kurz vor dem Tod noch schnell heiratet, um dem anderen die Hinterbliebenenrente zu vermachen. Bei einem plötzlichen und unvorhersehbaren Tod kann allerdings auch bei kürzerer Ehedauer ein Anspruch bestehen. Es handelt sich dabei immer um eine Entscheidung im Einzelfall.
Hat die Ehe bis zum Tod des Versicherten kein Jahr angedauert, kann die Rentenversicherung trotzdem ausnahmsweise eine Hinterbliebenenrente zahlen, wenn besondere Umstände eine sogenannte Versorgungsehe widerlegen (§ 46 Abs. 2a SGB VI).
Gegen eine Versorgungsehe spricht etwa ein plötzlicher Tod nach einem Unfall. Auch wenn das Ehepaar noch kein Jahr verheiratet war, ist in dieser Konstellation nicht davon auszugehen, dass sie noch schnell geheiratet haben, damit der Partner finanziell durch die Rente des anderen abgesichert ist.
Im Gegensatz dazu hat der Hinterbliebene keinen Anspruch auf eine Witwenrente, wenn der Versicherte bei der Heirat kurz vor seinem Tod bereits von seiner lebensbedrohlichen Krankheit wusste (Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 15. Dezember 2017, Az. L 5 R 51/17).
Quelle: www.finanztip.de